Wegbegleiter


Wegbegleiter

Menschen kommen und gehen im Leben. Aber es gibt einige – nur ganz wenige -, die bleiben. Obwohl sie längst zu anderen Ufern aufgebrochen sind.
Es sind Menschen, die mich geprägt und verändert haben, die ich bewundert und geliebt habe, die mir gezeigt haben, wie wertvoll das Leben ist und wie wertvoll ich bin. Dass ich keine Maske brauche, um zu bestehen. Vor der Welt nicht und vor allem nicht vor mir. Den eigenen Weg zu gehen. Mit Mut und Ehrlichkeit. Auch wenn ich strauchle oder in die Irre gehe.
Sie haben mir gezeigt, wie ich meinen Weg und damit mich finden kann. Und sie begleiten mich dabei wie imaginäre Freunde. Ich sehe sie lächeln oder weinen oder mit mir streiten. Sie raten mir, sind mir Bauchgefühl. Gerade in den Momenten, in denen mein Leben übervoll scheint und ich drohe, den Bezug zu mir zu verlieren, erden sie mich, geben sie mir Halt.

Du, mein Freund, hast mich das Lachen gelehrt, hast mir gezeigt, dass das Leben heute und in diesem Augenblick Purzelbäume schlägt und morgen noch genug Zeit ist, erwachsen zu werden. Du sagtest mir einmal, dass du mich gern zu einer Frau hättest heranwachsen gesehen, die du bewundert und deren Worten du gelauscht hättest. Allein der Krebs hat unserem Plan einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber ich weiß, dass du da bist, zusiehst, deine Hand schützend über mich hältst. Jeden Tag. Wenn du mir durch die Wolken hindurch zulächelst. Mitten in mein Herz hinein.

Und ich weiß, dass auch du, meine Heldin, mich gern hättest wachsen gesehen. Raus aus der Teenagerhaut. Rein ins Leben. Mir die Welt Untertan zu machen, haben mich deine Lippen gelehrt. Du warst mir die schönste Frau auf Erden. Noch heute sehe ich deine grünen Augen in dunklen Nächten vor mir. Zum Greifen nah. Sie schauen tief in meine Seele. Wandern geradewegs dorthin, wo alles begann. Du warst mir Vorbild, in deiner unbändigen Lust zu leben. Und bist es noch immer. Du warst es, die mich geweckt hat. Zum allerersten Mal. Aufgeweckt für die Musik, die Poesie, die Liebe. Doch mein Schicksal war deinem der Gegenpol. Meine Zukunft sah Ferne – randvoll gespickt mit neuen Erfahrungen, neuem Erleben. Ohne dich. Heute erfüllt deine Stimme die Berliner Luft. Und wer weiß, eines Tages, finde ich vielleicht den Mut.

Und du, meine Vagabundin. Ich weiß, dass du das Wandeln in der Zeit auf dem gemeinsamen Weg genossen hast. Denn es war wundervoll. In all seiner berauschenden Intensität. Du hast mich das Hinhören gelehrt, das Fühlen, das Vertrauen in mich selbst, das Sich-Fallen-Lassen. Deine Sensibilität hat mich wie ein Spiegelbild auf mich selbst zurückgeworfen. Du hast meine Seele aufgerissen, mich nackt gemacht, hast Verborgenes ans Licht gebracht, mich zu der gemacht, die ich jetzt bin. Ich hätte gern mit dir die Welt erobert. Allein dein Atem hat nicht gereicht.
Angst essen Seele auf. Und so bist du gegangen, einen anderen Weg einzuschlagen. Ob es der leichtere ist, liegt im Auge des Betrachters. Zu gern möchte ich wissen, ob sich unser beider Leben eines Tages wieder kreuzen.

So viele Bilder dieser großartigen Menschen tauchen wie Blasen aus dem Sumpf meiner Erinnerungen auf. Schimmern regenbogenfarben im Licht der Vergangenheit. Bringen mich zum Schmunzeln, zum Weinen, ins Grübeln, ins Schwärmen. Machen mich reich.
Gedanken reisen quer durch die Zeit. Schenken Verstehen und Verständnis. Und ich stecke mir all die wunderbaren und bewegenden Erinnerungen ans Revers meines Lebens, wie Blumen in eine Girlande zum Mittsommerfest. Schmücke mich mit ihnen. Bewahre sie im Fotoalbum meines Herzens. Denn sie geben Kraft, mich jeden Tag neu auf den Weg zu machen. Geben Kraft, ich selbst zu sein.

2 Kommentare zu „Wegbegleiter

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  1. So ergreifend, unter die Haut gehend, tränendrüsenstimulierend, tiefsinnig, nachdenklich….hab für einen Moment die Welt um mich herum vergessen und Deine Worte in mich einwirken lassen……

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