
…oder was wäre wenn?
Einmal ausbrechen und ausreißen – dem Inselkoller zum Trotz. Runter von meinem geliebten Eiland und rein in die Stadt mit ihren Lichtern, die im Regen bunte Kaskaden auf den Asphalt werfen. Und sei es nur für ein paar Stunden, der Wirklichkeit zu entfliehen. Den Verpflichtungen. Dem Pflichtgefühl. Dem Ehrgeiz, es allen recht machen zu wollen. Raus aus der Enge der eigenen Gedanken. Dem eigenen Anspruch für einen Nachmittag eine Auszeit gönnen.
Ein Küstenkind im Küstenkind. Während draußen der nasskalte Abendhauch sich auf die Kopfsteine der Straße legt. Bei einer feinen Chai Latte sich in andere Welten stehlen und träumen von einem anderen Leben. Nicht, dass ich meinem überdrüssig wäre. Doch nur wer träumt, geht vorwärts. Denn Träume sind Motor, sind Sonnen, um die unser Streben kreist, sind lohnenswertes Ziel, um sich auf den Weg zu wagen.
Und ich frage mich hier in diesem kleinen Café im Herzen der Stadt, in der ich zum ersten Mal in grünen Augen der Liebe begegnet bin, ob ich jemals weggegangen wäre, wenn es all das damals schon gegeben hätte? In mir und in dieser Stadt. Ob ich heute dann an dem gleichen Punkt, auf die gleiche Weise zu mir und meinem Anderssein stünde?
Oder habe ich all meine Kämpfe, all mein Leben, das Weggehen und das Wiederkommen, den Höllenritt und das Friedenfinden gebraucht? Um an genau den Punkt zu gelangen, an dem ich mich so akzeptieren kann, wie ich bin? Und zwar nicht nur für mich im stillen Kämmerlein. Sondern vor der ganzen Welt. War das alles wirklich nötig?
Und da ist das Lächeln der Chai Latte-Zauberin, die sich darüber freut, ein Küstenkind im Küstenkind kennen zu lernen. Und in mir wird es warm: Ja, ich habe all das gebraucht, das Glück in mir zu finden.
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