Es ist tiefe Nacht. Die Häuser, an denen wir vorbei huschen, schauen uns aus schwarzen Augen müde an. Die Welt schläft. Wir dagegen sind hellwach. Aufregung findet ihren Weg unter meine Haut, kribbelt durch meine Adern, meinen Bauch. Es ist dieser Moment, in dem es losgeht, auf in ein neues Abenteuer, der sich anfühlt wie ein Sprung ins Eiswasser. Augen zu und mitten hinein. Eintauchen und abtauchen in eine andere Welt.
Ob Myra Granberg uns noch immer zungenbrecherisches Schwedisch entlockt und unsere Hummeln im Po zum Tanzen bringt? Ich bin gespannt. Heja Sverige!

Egal, der Blick aus dem Kabinenfenster hat das frühe Aufstehen belohnt. Was habe ich diesen Ausblick aus einem Schiff heraus auf die blaue Weite vermisst. Mein Herz platzt vor Glück beim sanften Auf und Ab. Der Wind trägt die Gischt der Wellen direkt in mein Gesicht. Die Sonne kitzelt auf der Nasenspitze. Frühlingsmeer.

Doch der Wind weht eisig übers Deck, prallt mit Beaufort 8 auf die gewaltigen Windräder, die knapp 35 Kilometer vor der Küste von Rügen die Luft über der Ostsee umpflügen. Die 80 Riesen nennen sich recht martialisch Krigersflak. Nachts sieht ihr rhythmisches Leuchten eher wie ein UFO-Landeplatz aus.

Backbord ragen weiße Klippen wild und geschwungen aus der Ostsee in den Himmel. Die Kreidefelsen der dänischen Insel Møn. Unwirklich erscheinen sie, umgeben von Wolken und Nebel wie die geheimnisvolle Insel Avalon. Gut, dass wir einen Nils an Board haben. Falls sich irgendein avalonisches Türsteherseeungeheuer einfallen lässt, mit unserem Bötchen Ball zu spielen.

Den festen Boden wieder unter den Füßen, lassen wir sie von Hühnergöttern am Strand von Smygehuk kräftig massieren. Endlos scheinen sie sich, an der Küste entlang verstreut zu haben. Der südlichste Punkt Schwedens riecht nach Salz, Tang, Meer und Abenteuern. Die Kapitänin für derart halsbrecherisch ungestüme Unterfangen habe ich nebst furchtlosem Fellrabauken zum Glück schon gefunden. Just kapert sie ein Piratenschiff für uns. Bestimmt die Pearl. Na dann, Leinen los und ab an den Horizont!


Doch erst checken wir die See von oben. Es ist das erste Mal, dass ich mitten im Leuchtfeuer eines Leuchtturms stehe. Välkommen – stand an der offenen Tür des Smygehuks fyr. Wenn das keine Einladung ist, die schmale Wendeltreppe in den Turm hinauf zu ersteigen.

Oben angekommen, ist die Glaskuppel wie eine kleine, romantische Kapsel der Ruhe. Auch wenn sich der Wind mit Kraft gegen die 17 Meter hohe Stahlkonstruktion wirft, stehen wir fasziniert und staunend über diesem wundervollen Fleckchen Erde.

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